So wichtig ist unser Speichel für gesunde Zähne

TextAlexandra Brechlin

Der Mensch produziert pro Tag über einen Liter Speichel. Dieser besteht zu 99,4 Prozent aus Wasser, befeuchtet die Mundhöhle und ermöglicht so das Sprechen, das Schlucken sowie das Schmecken.

Reparieren, schützen und reinigen: Der Speichel des Menschen ist außerdem ein natürlicher Dienstleister zur Gesunderhaltung von Zähnen und Mundschleimhaut.

Die Putztruppe

Wenn der Speichel fließt, so übernimmt er im Mund – ähnlich wie eine Putztruppe – zusätzlich eine wichtige Spülfunktion: Dank des Speichels werden Nahrungsreste, Mikroorganismen und alte Zellen der Mundschleimhaut weggeschwemmt. Diese Spülfunktion des Speichels ist zentral, denn Nahrungsreste bestehen oft aus Stärke und Kohlenhydraten. Werden diese vom Speichel nicht abtransportiert und wandeln sich ungehindert in Zucker um, so stellen sie ein beträchtliches Kariesrisiko dar.

 

Die Pellikel

Mineralien, Eiweiße und Enzyme machen die restlichen 0,6 Prozent des Speichels aus. Ihnen kommen vielfältige Schutz- und Reparaturfunktionen zu. So besteht die Pellikel, die sich nach dem Zähneputzen innerhalb von Sekunden auf Zähne, Zahnfleisch und Mundschleimhaut legt, aus den Eiweißen, Glycoproteinen, Lipiden und Enzymen des Speichels, und sie ist weitgehend frei von Bakterien. Diese Pellikel ist ein wichtiger Schutz: Sie sorgt für Feuchtigkeit, sodass die Zähne vor Abrieb geschützt sind, und vor allem agiert sie als eine Art Zollstation: Die Pellikel kontrolliert, welche Stoffe an den Zahnschmelz gelangen dürfen. Leider, übrigens, bilden sich auch an der Pellikel mit der Zeit bakterielle Beläge, also Plaque bzw. Biofilm. Deshalb ist regelmäßige Mundpflege wichtig, spätestens also alle 24 Stunden Zähne und Zahnzwischenräume schonend und doch akribisch genau zu reinigen – und somit Karies, Zahnfleischentzündungen, Parodontitis und Zahnausfall zu vermeiden. Wer dies tut, hat dank der Pellikel sehr gut geschützte Zähne.

Mineralien zum Beispiel lässt die Pellikel durch. Schließlich ist es wichtig, dass Zähnen immer wieder Kalzium und Fluoride zugeführt werden. Denn so kann sich der Zahnschmelz remineralisieren. Diese Mineralien kommen übrigens nur zu einem vernachlässigbaren Teil aus Zahnpasten: Hauptsächlich kommen sie aus dem Speichel. Man könnte fast sagen, der Speichel ist die beste Zahnpasta.

Die Pellikel schützt sogar vor Säure. Diese Säuren lösen Kalzium, Phosphat und Fluorid aus dem Zahnschmelz heraus. Würde der Speichel nicht ununterbrochen diese Mineralien ersetzen, so würden die Zähne bald aufgelöst. Dank seines Bikarbonatgehalts sorgt der Speichel wie ein Säurepuffer für ein schadenfreies Gleichgewicht von Demineralisation und Remineralisation im Mund. Im Normalfall funktioniert dieser Säure-Schutz der Pellikel ziemlich gut, doch kommen allzu starke Säuren auf sie zu, und das noch mehrmals täglich, dazu noch in kurzen Abständen, ist die Pellikel schnell überfordert. Solche Säuren sind in Fruchtsäften, Cola-Getränken oder Energydrinks enthalten.

 

Vorverdauen

Die Enzyme, die im Speichel enthalten sind, haben zum Einen die Aufgabe, als „Zündkerzen des Stoffwechsels“ die Nahrung vorzuverdauen: Sie brechen die langen Stärkeketten und Eiweißmoleküle der Nahrung in ihre Bestandteile auf, also in Glucose und Aminosäuren. Je besser man kaut, desto mehr ist die Nahrung schon vorverdaut und desto besser kann der Magen arbeiten.

 

Gegen Bakterien, Pilze und Vieren

Zum anderen wirken die Enzyme des Speichels hervorragend gegen unerwünschte Mikroorganismen und helfen so gegen die Bildung von Biofilm bzw. Plaque. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Lactoperoxidase-System zu. Seine drei Enzyme bekämpfen nicht nur Bakterien, sondern sogar Pilze und Viren. Dadurch hemmen sie die Bildung von Zahnbelag und bauen schädlichen Zucker laufend ab – bevor er von den Mikroorganismen in Säure verwandelt wird. Deshalb ist es alles andere als geschickt, mit ungeputzten Zähnen ins Bett zu gehen: Im Schlaf fließt kaum Speichel, und so haben Säuren und Mikroorganismen freie Bahn.

 

Auch Zahnpasta kann schaden

Auch der Wahl einer geeigneten Zahnpasta kommt große Bedeutung zu. Fast alle herkömmlichen Zahnpasten enthalten aggressive Reinigungs- und Schäumungsmittel wie Sodium Lauryl Sulfate (SLS) oder stark reizenden Geschmackszusätzen. Solche Mittel greifen die Mundschleimhaut an, lassen ihre Zellen geradezu absterben. Vom Übermaß an stark reizenden ätherischen Ölen gar nicht zu sprechen. All das kann dazu führen, dass das natürliche Gleichgewicht im Mund gestört wird. Reizungen und schmerzhafte Aphthen können die Folge sein. Je milder die Zahnpasta desto besser sorgt sie für einen starken Speichel.

Experten empfehlen außerdem

Die enzymatische Schutzfunktion des Speichels kann leicht beeinträchtigt werden – durch zu viel Zucker, durch säurehaltige Getränke, Alkohol und Nikotin. Etwas Wasser, noch besser Milch, hilft, den Säurewert im Mund zu normalisieren. Auch mit dem Zähneputzen eine halbe bis eine Stunde zu warten, ist empfehlenswert. So wird der Zahnschmelz, der durch Säureangriffe aufgeweicht ist, mit der Zahnbürste nicht zusätzlich beschädigt.

 

Foto © Getty