K-Beauty: Der Weg zu schöner Haut

TextAlexandra Brechlin

Feinporig, ebenmäßig, ganz ohne Unreinheiten und Fältchen: Auf der ganzen Welt sind Asiatinnen für ihren puppenhaft makellosen Teint bekannt. Aber wie schaffen sie das?

Ist es die Ernährung? Ein aufwendiges Pflegeritual? Oder sind es am Ende doch die Gene? Und das Wichtigste: Können wir Europäerinnen das auch?

Spätestens seit der K-Beauty-Trend nach Europa geschwappt ist, cremen und peelen die Frauen auch hier, was das Zeug hält. Grüntee-Extrakte, fermentierte Hefe, sogar Schneckensekret werden als das Geheimnis hinter asiatischer Hautpflege vermarktet. Dabei sind die für uns neuartigen Inhaltsstoffe nur die halbe Miete. Der Grund, warum asiatische Frauen oft einen so makellosen Teint haben, ist eigentlich ganz simpel. Schon aus der Historie heraus legt man in asiatischen Ländern in Sachen Gesichts- und Hautpflege eine ganz andere Einstellung an den Tag, als dies im europäischen Kulturkreis der Fall ist.

EINE ANDERE ART VON ÄSTHETIK

Und das fängt schon bei der Körperästhetik an. Während in unseren Breiten Gisele Bündchen oder Toni Garrn mit ihrer athletischen Figur als attraktiv gelten, sind es in Asien Frauen wie die Schauspielerin Fan Bingbing. Und Letztere – obwohl natürlich schlank – fällt weniger durch offensiv zur Schau gestellten Sex-
Appeal als vor allem durch ihre makellose Haut auf. Man muss nur einmal kurz durch die Instagram-Accounts der beiden Stars scrollen und sieht sofort, wie sehr sich die Schönheitsideale der westlichen und der asiatischen Kultur unterscheiden. Hier geht es weniger darum, möglichst sportlich und sexy auszusehen. Und man beschäftigt sich weniger mit der neusten dekorativen Kosmetik. Was begehrt wird, ist in erster Linie eine perfekte Haut – und das noch vor einem athletischen Körper oder vollen Lippen. Ähnlich wie in Europa das Schlanksein einen nicht unwesentlichen Teil gesellschaftlicher Anerkennung ausmacht, ist es in Asien also vor allem eine makellose Haut.

DIE KUNST DES WEIßEN GESICHTS

Ein über tausend Jahre altes japanisches Sprichwort geht sogar so weit, eine Frau mit einer makellosen und hellen Haut sei in jedem Fall schön, ganz egal wie unförmig ihr Gesicht oder der Rest ihres Körpers auch seien. In China heißt es: „Yi bai zhi bai chou“ – „Wer weiße Haut hat, dem werden hundert Makel verziehen“.
Übrigens ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, dass in vielen asiatischen Ländern die Sehnsucht nach möglichst weißer Haut immer zwingend daher rührt, „westlicher“ wirken zu wollen. Denn bereits ab dem sechsten Jahrhundert galt möglichst helle Haut als Zeichen für Wohlstand und edle Herkunft – und das war lange bevor beispielsweise die Europäer auch nur einen Fuß auf die japanischen Inseln gesetzt hatten und so etwas wie ein kultureller Austausch zwischen den Kontinenten stattfinden konnte.
Asiatische Mütter gehen schon seit Jahrhunderten mit ihren Kleinkindern in Badehäuser und erklären ihnen, wie sie ihren Körper mit Schwämmen peelen, und Frauen, aber auch die Herren der Schöpfung lernen von klein auf, wie wichtig Feuchtigkeitscremes und der Schutz vor der Sonne sind.

VORSORGE IST DAS A UND O

Genau hier liegt der Unterschied, denn um ebendiese makellose Haut zu erhalten, haben die Asiaten einen Wissensvorsprung von Jahrtausenden. Klar, in Europa bevorzugen wir eher eine gesunde Bräune. Doch auch davon abgesehen fangen wir, verglichen mit asiatischen Ländern, erst seit Kurzem an, uns intensiver mit Hautpflege zu beschäftigen. In Ländern wie Korea oder Japan kennt man all diese kleinen Pflegetipps und -tricks teilweise schon von den Urgroßeltern und dementsprechend anders ist hier auch der Umgang mit Kosmetik. Anstatt wie in der europäischen Hautpflege und Anti-Aging-Philosophie bereits entstandene Schäden oder Makel zu reparieren, richtet sich in Asien alles nach dem Motto „Vorsorge ist besser als Nachsorge“. Bis zu vier verschiedene Produkte werden hier teilweise schon von Jugendlichen für die zarte Haut rund um die Augen genutzt. Und ohne mindestens Lichtschutzfaktor 50 geht hier auch im Winter niemand aus dem Haus.

IM DURCHSCHNITT ZEHN JAHRE JÜNGER

Die Ergebnisse geben den Asiaten sichtlich recht. Im Durchschnitt wirkt ihre Haut bis zu zehn Jahre jünger als die Haut gleichaltriger Europäer, wie eine Studie des Wiener Dermatologen Prof. Dr. Erwin Tschachler ergab. Im Auftrag für das Chanel-Institut für Grundlagenforschung (C.E.R.I.E.S.) wurde hier die Haut von 281 Französinnen, 258 Japanerinnen und 298 Koreanerinnen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren miteinander verglichen. Erforscht wurden dabei sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse. Während europäische Frauen in den Studien bereits in jungen Jahren zu einem sehr hohen Prozentsatz Falten aufwiesen, blieben Asiatinnen bis zu ihrem
50. Lebensjahr von Falten weitestgehend verschont. Die Gründe dafür fanden die Forscher zum einen in der ausgeprägteren Mimik europäischer Frauen, aber auch in der fehlenden Feuchtigkeitspflege und dem mangelnden Schutz vor der Sonne. Tatsache ist allerdings auch, dass insbesondere Koreanerinnen und Japanerinnen über eine dickere Epidermis (Oberhaut) verfügen. Das bedeutet: Haben sich hier einmal Falten gebildet, vertiefen sie sich meistens auch viel schneller als bei europäischen Hauttypen.

WAS MAN LERNEN KANN

In Hinblick auf Hautpflege können wir uns also getrost einiges aus Asien abschauen. Insbesondere Korea gilt als Beauty-Hotspot schlechthin. Hier findet man Neuheiten, die es sonst nirgends gibt. Allerdings hilft es nicht, die ganzen exotischen Cremes mit den tollen Namen nur zu importieren, man muss sie auch richtig anwenden. Innovative Pflegeprodukte mit effektiven und ebenso exotischen Inhaltsstoffen allein vollbringen nämlich noch nicht das Wunder einer makellosen Haut. Man muss es ja nicht gleich total auf die Spitze treiben wie zum Beispiel der neue „Glass Skin Trend“ in Korea. Das Ziel lautet hier: Haut, die so ebenmäßig und strahlend ist, dass sie wirkt wie poliertes Glas …

Fotos © Kevin Lee -gettyimages, gettyimages, Pascal Le Segretain – gettyimages